Mindestlohn muss ausufernden Niedriglohnsektor begrenzen
Angesichts eines immer weiter ausufernden Niedriglohnsektors sorgt sich die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung´(KAB) im Erzbistum Bamberg um den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Beinahe acht Millionen Menschen müssen in Deutschland laut einer Studie mit einem Niedriglohn von weniger als 9,15 Euro brutto pro Stunde auskommen. Fast ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland - etwa 23 Prozent - arbeiten im Niedriglohnsektor. Das fand das Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen heraus. Über die Ergebnisse der Studie berichtete zuerst die Süddeutsche Zeitung. Demzufolge stieg die Zahl der Niedriglohn-Empfänger von 1995 bis 2010 um mehr als 2,3 Millionen an. 1,4 Millionen Menschen arbeiten dabei für weniger als fünf Euro, 2,5 Millionen für weniger als sechs und 4,5 Millionen für weniger als sieben Euro.
Wenn immer mehr Menschen für Hungerlöhne arbeiten müssen und trotz Arbeit arm bleiben mit all den verheerenden Folgen für Bildung, Gesundheit und gesellschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten, dann hat dies auch massive Auswirkungen auf den Zusammenhalt der Gesellschaft, befürchtet die KAB. Hungerlöhne heute sind zudem die Altersarmut von morgen, stellt die KAB klar. Damit sieht die KAB ihre immer wieder geäußerte Sorge bestätigt, die Schere zwischen Arm und Reich werde in Deutschland noch weiter auseinander gehen. Die KAB fordert daher erneut die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 9,40 Euro und eine massive Begrenzung von Leiharbeit.
Dabei ist sich die KAB der vollen Rückendeckung der Katholischen Soziallehre sicher. Den gerechten Lohn zu verweigern, sei eine schwere Sünde, schrieb Papst Leo XIII. den Arbeitgebern schon 1891 ins Stammbuch. Etwas moderner klingt das im Katechismus der Katholischen Kirche, wo es heißt, die Arbeit ist so zu entlohnen, dass dem Arbeiter die Mittel zu Gebote stehen, um sein und der Seinigen materielles, soziales, kulturelles und spirituelles Dasein angemessen zu gestalten.
Mit Hungerlöhnen unter der so genannten Niedriglohngrenze von 9,15 Euro ist eine angemessene gesellschaftliche Teilhabe nicht möglich, erläutert Ralph Korschinsky, Geschäftsführer der KAB Bamberg. Die KAB befürchtet, dass sich die sozialen Spannungen massiv verschärfen können, wenn die Umverteilung von unten nach oben fortgesetzt wird. Die Manager der DAX-Konzerne konnten sich 2011 über zweistellige Gehaltszuwächse freuen, bei vielen Arbeitnehmern -gerade aber im Niedriglohnbereich- stagnieren die Löhne oder die geringen Zuwächse werden von der Inflation aufgefressen, stellt Korschinsky gegenüber und betont: Viele Bürgerinnen und Bürger erleben die soziale Entwicklung in Deutschland als große Ungerechtigkeit. Der Eindruck abgehängt zu werden und ausgegrenzt zu sein, während bei den anderen die Fleischtöpfe immer größer werden, nimmt bei vielen zu, konstatiert Korschinsky.