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Kein Kavaliersdelikt, sondern Anzeige möglich

KAB-Vortrag „Ernstfall Kindermobbing“ in Litzendorf

Litzendorf (hw) - „Ernstfall Kindermobbing“ lautete das Thema eines sehr gut besuchten Seminarabends in der Grund- und Hauptschule Litzendorf Dazu hatten die KAB Litzendorf und die Volksschule Litzendorf den Sozialpädagogen Frank Schallenberg aus Köln zu Gast, der auf eine langjährige Erfahrung in der Kinder- und Jugendberatung zurückgreifen kann und auch Autor verschiedener Bücher über diese Thematik ist.

Nach Begrüßung und Einleitung durch den KAB Vorsitzenden Heinrich Weidner referierte Schallenberg zum Thema. Für viele Kinder sei Mobbing in der Schule oder Freizeit längst bittere Realität. Oft trete dies schon im Kindergarten auf. Bei Mobbing gehe es immer um Gewalt und um ein strukturiertes Vorgehen mit täglichen Übergriffen über einen längeren Zeitraum. In diesem Zusammenhang habe die Gewaltbereitschaft unter Kindern und Jugendlichen deutlich zugenommen und sie trete in immer jüngerem Alter auf.

So seien aktuell hauptsächlich Kinder im Alter zwischen acht und l3 Jahren betroffen. Häufig würden die ständigen Bedrohungen übersehen oder nicht ernst genommen; die Kinder (Opfer) fühlten sich allein gelassen und zögen sich zurück - mit nicht selten verheerenden Folgen für die weitere Entwicklung. Dabei werde sehr wenig mit körperlicher Gewalt gemobbt, die große Masse passiere auf der psychischen, sprachlichen und auf der Verhaltensebene.

Zentrale Merkmale seien dabei, dass Opfer und Täter fast immer dasselbe Geschlecht haben und in der Regel ein Einzeltäter benannt werden kann. Weitere beteiligte Personen würden zu Mittätern, oft nur deshalb, damit sie nicht selbst zum Opfer werden. Denn Opfer könne jedes Kind werden, es gebe kein typisches Opferprofil.

Auslöser seien oftmals Aussehen, Verhalten, Fähigkeiten oder Nichtfähigkeiten oder auch Interessen des Opfers. Sehr oft gehe es dem Täter einfach um den „Kick“, oder er probiere Verhaltensweisen aus, die er von Erwachsenen oder vom Elternhaus Vorgelebt bekommt. Aber es sei unentschuldbar, dass immer der Täter die Begründung liefert, wer Opfer wird. Die Schuld liege keinesfalls beim Opfer.

Anzeichen für Mobbing eines Kindes könnten schulische Leistungseinbrüche, Abbruch sozialer Kontakte zu Gleichaltrigen, Veränderung zentraler Wesensmerkmale und der Verlust von Selbstvertrauen sein. Kleine Kinder erzählten plötzlich nichts mehr oder gingen nicht mehr aus dem Haus. lm Extremfall könnten auch körperliche Verletzungen Anzeichen sein.

Ist der Verdacht von Mobbing da, so müsse gehandelt werden. Ganz wichtig sei es, dem Opfer das Gefühl zu nehmen, die Situation selbst verschuldet zu haben. Es sollte sich wehren - verbal und körperlich, Unterstützung durch Mitschüler und Freunde einfordern sowie Eltern und Lehrkräfte um Unterstützung bitten. Die Mitschüler sollten deutlich machen, dass man keine Täter bei sich duldet, denn eine gut funktionierende Klassengemeinschaft lasse kein Mobbing zu.

Lehrer seien dabei genauso gefordert wie die Eltern. Wichtig sei besonnenes Handeln, den Kindern zuzuhören und Absprachen zu treffen. Es genüge nicht, nur Opfer und Täter zu betrachten, es müsse sich in der Schule immer im Umfeld, in der Klasse etwas ändern und dies benötige auch Zeit.

Eine lebhafte Diskussion über die Thematik schloss sich dem Vortag an. Dabei wurde nochmals deutlich, dass Mobbing kein Kavaliersdelikt ist, sondern ein Tatbestand, der im Extremfall sogar angezeigt werden sollte.

Quelle: Heinrichsblatt, 21.02.2010, Nummer 8, Seite 22