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Lebensmittelspekulation

Das Heinrichsblatt berichtet am 4.11.2012, Ausgabe B, auf Seite 23:

 

Vortrag beim KAB-Diözesanverband Bamberg über Lebensmittelspekulation

Kein volkswirtschaftlicher Nutzen

Bamberg (bbk) — In Zeiten, in denen fast eine Milliarde Menschen als unterernährt gelten und das Schreckgespenst des Hungers in der dritten Welt umher irrt, ist eines ungebrochen: die Spekulation mit Lebensmitteln. „So manche große Bank wirbt mit reichhaltigen Renditen und Zinsen, ohne dabei Rücksicht auf die Menschen zu nehmen, die an Hunger und Unterernährung leiden und sterben.

 

Vortrag beim KAB-Diözesanverband Bamberg über Lebensmittelspekulation

Kein volkswirtschaftlicher Nutzen

Bamberg (bbk) — In Zeiten, in denen fast eine Milliarde Menschen als unterernährt gelten und das Schreckgespenst des Hungers in der dritten Welt umher irrt, ist eines ungebrochen: die Spekulation mit Lebensmitteln. „So manche große Bank wirbt mit reichhaltigen Renditen und Zinsen, ohne dabei Rücksicht auf die Menschen zu nehmen, die an Hunger und Unterernährung leiden und sterben. Der Privatanleger merkt oft nicht einmal, dass sein Geldinstitut bei diesem ‚Handel mit dem Hunger‘ voll im Geschäft ist.“, referierte der Journalist und Autor Harald Schumann bei einem Vortragsabend der Katholischen Arbeitnehmerbewegung zum Thema Lebensmittelspekulation. Der Redakteur beim Berliner Tagesspiegel schrieb unter anderem den Report „Die Hungermacher“ für die gemeinnützige Organisation foodwatch. In seinem etwa einstündigen Vortag legte er auf spannende und zugleich schockierende Art und Weise dar, wie das System der Lebensmittelspekulation funktioniert.

Allein im Jahr 2010 stiegen, laut foodwatch report 2011, die Preise für Lebensmittel um etwa ein Drittel an. In den industrialisierten westlichen Ländern fiel das kaum auf – der Durchschnittsdeutsche gibt nur etwa 10 Prozent seines Einkommens für die Anschaffung von Lebensmitteln aus. In den schwach entwickelten Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas sieht die Situation ganz anders aus, dort gibt man etwa 80 bis 90 Prozent des Einkommens für Lebensmittel aus. Und genau diese Preissteigerung bei Lebensmitteln hat 40 Millionen Menschen in die Armut katapultiert.

Die andere Seite der Medaille: Die gigantische Summe von 600. Milliarden Dollar ist mittlerweile in Form von Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen und ähnlichem an den Rohstoffbörsen angelegt. Dort wird auf den Preis von Rohstoffen gewettet, wie beispielsweise Mais und Weizen. Seit dem Jahr 2000 steigt das Kapital, das für solche Wetten auf die künftigen Lebensmittelpreise genutzt wird, stetig an. Der Grund sind Aufweichungen in US- und EU-Richtlinien zur Begrenzung von Spekulationen.

Spekulanten sind nicht das eigentliche Problem

„Spekulanten sind in einer gewissen Anzahl an den Börsen nötig“, so Harald Schumann, „der Future-Handel würde ohne sie nicht funktionieren“. Bei diesem Future-Handel, der in den 1890er-Jahren in Chicago erfunden wurde, wird der Preis für einzelne Rohstoffe oder Naturalien für die Zukunft festgelegt, so dass sowohl Verkäufer, als auch Großeinkäufer mit einem bestimmten Gewinn rechnen können. „Die gesetzliche Liberalisierung der Rohstoffbörsen um das Jahr 2000 hat allerdings dazu geführt, dass die Zahl der Spekulanten von einem Drittel der Börsianer auf fast 75 Prozent gestiegen ist.“, sagt Schumann, „Es gibt bei dieser Form der Spekulation nicht einmal einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Die Gewinner dieser Handelsform sind Konzerne wie Goldman Sachs, Deutsche Bank oder Allianz mitsamt deren Managern. Mittlerweile fließen Geldsummen in diese Spekulationen, die die existierende Anzahl an Nahrung bei Weitem übersteigt.“

Der Klimawandel oder die politische Instabilität in einzelnen Ländern sind verheerender für die hungernden Menschen von Entwicklungsländern, als die Spekulation mit Nahrungsmitteln. Dennoch sind diese Spekulationen ein Katalysator für die stark schwankende und fast willkürlich wirkende Preisbildung der Lebensmittel. Ein Katalysator, der nicht einmal wirtschaftliche Vorteile für die Industrieländer bietet, sondern nur zur Bereicherung Einzelner dient.

Als Privatanleger Druck aufbauen

Es gebe nicht viele Möglichkeiten als Privatanleger dieser Spekulation Einhalt zu gebieten, äußerte sich Harald Schumann. Man könne seine Bank aber fragen, ob diese mit Lebensmitteln spekuliere. Wenn das der Fall sei, könne man mit dem Bankenwechsel drohen.

Das ist offenbar kein stumpfes Schwert: Einzelne Geldinstitute haben schon reagiert, ihr Ruf und das Kapital der Anleger sind ihnen wichtiger, als der Handel mit Lebensmitteln. Organisationen wie die KAB gehen allerdings noch einen Schritt weiter. Im Moment läuft eine Sammelklage vor dem europäischen Gerichtshof, die die Politik auffordert diese Spekulationen zu unterbinden. An dieser Klage beteiligen sich auch Organisationen wie Oxfam oder foodwatch.

„Hunger ist Menschenwerk und damit besiegbar“

Zum Schluss der Veranstaltung mahnte Erzbischof Ludwig Schick, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der deutschen Bischofskonferenz, mit Lebensmitteln umsichtig umzugehen. Er stellte außerdem dar, wie die Kirche den Hunger bekämpft. „Mit dem Anbieten von Mikrokrediten beispielsweise sind wir schon auf einem ganz guten Weg. Die Menschen müssen vor Ort Landwirtschaft betreiben können, damit Sie unabhängig von Importen sind. Es muss aber noch viel mehr passieren. Hunger ist Menschenwerk und damit besiegbar!“