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Themenumfeld CETA

Fragen und Antworten

von Peter Ziegler, KAB Diözesansekretär, Augsburg

 

 

1.     Ist nach der Zustimmung vom 30.Oktober zu CETA und dem Einknicken von Belgien alles vorbei?
Am 30.Oktober haben nur die Regierungen der einzelnen europäischen Länder und die EU-Kommission sowie Kanada das Abkommen unterzeichnet. Passiert ist damit noch nichts. Nun muss das EU-Parlament darüber abstimmen – dies passiert voraussichtlich im Februar. Dann treten die Teile in Kraft, die nur Europa betreffen. Anschließend müssen die Parlamente aller europäischen Länder über das Abkommen als Ganzes abstimmen. Das nennt man Ratifizierung. Erst, wenn das alle Landesparlamente – sowie viele Regionalparlamente in den Ländern – getan haben, tritt das gesamte Abkommen in Kraft. Allerdings stehen in einigen europäischen Ländern – wie der Niederland, Österreich sowie vielleicht Irland – Volksbegehren an. Zudem entscheiden in einigen Ländern noch die Verfassungsgerichte, ob der Vertrag überhaupt mit der jeweiligen Verfassung vereinbar ist…

2.     Haben die Zusatzerklärungen, die Belgien ausgehandelt hat, das Abkommen nun allgemein zustimmungsfähig gemacht?
Belgien hat einige Bedingungen gestellt, bevor es das Abkommen unterzeichnet hat. Diese sind in die Zusatzerklärungen aufgenommen worden. Diese sollen den Vertragstext kommentieren, also erklären, was damit gemeint ist. Sie stehen nach internationalem Rechtsverständnis auf einer Stufe mit dem Vertragstext. Sie könnten also etwas an dem ursprünglichen Abkommen ändern, umschiffen aber gerade die Schwächen des Vertrags. Oftmals sind sie auch so vage formuliert, dass sie nichts bewirken. Nicht geklärt ist zudem, ob es rechtlich überhaupt von Belang wäre, wenn eine Zusatzerklärung dem Abkommen widersprechen sollte.

3.     Hat das Bündnis noch eine Chance, wenn der Zulassungsantrag zum Volksbegehren nun vor dem Verfassungsgericht verhandelt wird?
Der Trägerkreis für das Volksbegehren hat sich bereits vor der Gründung des Bündnisses von anerkannten Fachanwälten beraten lassen. Diese haben ein Gutachten geschrieben, das dem Zulassungsantrag zugrunde liegt. Diese Juristen vertreten nun auch den Trägerkreis vor dem Verfassungsgericht – sie gehören zu den besten Staatsrechtlern in Deutschland. Das Innenministerium hat eine starke Stellungnahme erstellt, die die Kritik am Zulassungsantrag klar formuliert. Gleichwohl sehen die Experten einige Ansatzpunkte, dagegen zu argumentieren. Zudem hat sich das bayerische Verfassungsgericht in den letzten Jahren als sehr beteiligungsfreundlich gezeigt. Grundsätzlich gilt: Wir betreten rechtliches Neuland. Den Paragraphen in der bayerischen Verfassung gibt es erst seit 2013. Daher ist nicht abzusehen, wie das Verfahren enden wird.

4.     Warum hat das Innenministerium dem Zulassungsantrag nicht zugestimmt?
Das Innenministerium ist der Meinung, dass der neue Art. 70 (4) BV nicht anwendbar ist. Das Bündnis hatte sich auf ihn bezogen, weil er besagt, dass ein europäisches Gesetz, bevor es in Kraft treten, auch im bayerischen Landtag behandelt werden muss. Das Innenministerium behauptet, der Artikel soll nur dafür sorgen, dass rein europäisches Recht für Bayern umgesetzt wird, für ein darüber hinausgehendes Abkommen oder für Gremien, die keine Gremien der EU sind, ist er nicht gedacht. Außerdem glaubt es nicht, dass bayerische Rechte von diesem Vertrag betroffen sind. 

5.     Hängt nun alles an der Entscheidung des bayerischen Verfassungsgerichts?
Was das bayerische Volksbegehren betrifft, entscheidet wirklich das Verfassungsgericht, ob es ein solches geben wird. Gleichzeitig gibt es gegen das Abkommen auch ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Aber es gibt noch weitere Wege: noch hat keines der Parlamente zugestimmt. Daher gibt es weiterhin die Möglichkeit, mit guten Argumenten auf die Abgeordneten in Brüssel oder Berlin zuzugehen, um diese in ihrer Haltung zu CETA zu beeinflussen. Auch wenn das noch nicht endgültig geklärt ist, können die Skeptiker auch auf die Abgeordneten in den Landesparlamenten einwirken. Immerhin muss das Abkommen noch durch 38 (Landes-)Parlamente, bevor es vollständig in Kraft treten kann.

6.     Stärkt eine Ablehnung von Ceta nicht die Feinde der internationalen Zusammenarbeit?Gegenwärtig haben wir als Kritiker des freien Welthandels tatsächlich das Problem, dass Menschen, die sich allein auf ihr Land zurückziehen wollen – und internationale Zusammenarbeit ablehnen, mit uns gegen CETA und TTIP sind. Der Unterschied ist nur:

·       Wir wollen Welthandel, aber zu gerechten Bedingungen, während die anderen sich auf ihre eigene Volkswirtschaft zurückziehen wollen.

·       Wir möchten, dass auch die Länder in Asien und Afrika die Chance haben, sich wirtschaftlich weiterzuentwickeln – die anderen wollen nur ihr Herkunftsland gelten lassen.

·       Wir wollen ein nachhaltiges geeintes Europa, die anderen wollen kein vereinigtes Europa.

·       Wir sehen die Lösung der Welt darin, dass die Menschen miteinander reden, die anderen reden lieber übereinander – meist nicht im Guten.

7.     Müssen die Europäer nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA nicht noch stärker zusammenarbeiten?
Zunächst einmal ist noch gar nicht klar, in welche Richtung ein US-Präsident Trump sein Land führen wird. Wenn er erkennen sollte, dass ein fairer Welthandel auch den amerikanischen Arbeitnehmern nutzt, könnte er das unterstützen. So könnten Amerikaner von der Übernahme einiger europäischer Rahmenbedingungen profitieren. Das scheint eine kühne These, aber er zeigt sich als nicht berechenbar.

Natürlich müssen wir auch in Zukunft in Europa zusammenarbeiten – weitere Ausstiege aus der EU müssen verhindert werden. Aber wir müssen dafür sorgen, dass unsere Regelungen im sozialen, im wirtschaftlichen wie im ökologischen Bereich zum weltweiten Standard werden – eine ökosoziale Marktwirtschaft im Weltmaßstab sozusagen. Nur ein Europa starker Menschen wird ein starkes Europa, nicht eines starker Großkonzerne.

Peter Ziegler, KAB Augsburg