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Die Zukunft der Arbeit

Die Zukunft der Arbeit

von in Aktuelles AN 8. August 2016


Wo stehen wir 2030? Wie wird unsere Arbeit dann aussehen? Das sind Fragen, die in letzter Zeit häufig gestellt werden. Die vierte industrielle Revolution hat schon den Fuß in der Tür und noch ist es nicht abzuschätzen, was passiert, wenn sie komplett da ist. Klar ist: Die Arbeit wird sich inhaltlich und organisatorisch grundlegend ändern. Und die Gesellschaft gleich mit.

Statistiken zufolge werden wir im Jahre 2030 etwa 42 Millionen Erwerbstätige haben. Das ist eine Million weniger als im Moment. Dies ist eine Ableitung aus den demografischen Entwicklungen der Bundesrepublik. Der Bevölkerung wird dabei eine Negativentwicklung mit einer Bevölkerungssenkung um eine halbe Million Einwohner prognostiziert. Dabei ist ein gewisser Teil an Immigration bereits mitkalkuliert. Das Verhältnis von Erwerbstätigen zur Gesamtbevölkerung wird sich also voraussichtlich weiter verschlechtern. Die immer kleinere Gruppe der Erwerbstätigen muss auch in Zukunft die Finanzmittel generieren, um die ältere und die jüngere Generation versorgen zu können. Vielleicht kann die Digitalisierung in diesem Zusammenhang unterstützend wirken.

Industrie 4.0 – Mein Kollege der Roboter

Die Ängste wie die Hoffnungen, die mit der Digitalisierung verbunden werden, finden sich in verschiedensten Branchen. Eine davon ist die Industrie. Industrie 4.0 ist momentan in aller Munde. Nirgendwo scheint die digitale Revolution so direkt und unabwendbar wie in der industriellen Produktion. Dort soll künftig nicht nur die Arbeit von Robotern erledigt werden, sondern diese sollen auch vollständig vernetzt und intelligent zusammenarbeiten. Dadurch können sie voraussichtlich die Arbeitskräfte in diesem Bereich vollständig ersetzen. Das System läuft komplett automatisch und kontrolliert sich auch selbst. So kann auch effizient bei großen Absatzmengen auf spezielle Kundenwünsche eingegangen werden. Doch die Technik hat auch ihren Preis. Nicht jedes kleine oder mittelständische Unternehmen ist in der Lage, die nötigen Investitionen aufzubringen.

Schwieriger wird die Prognose mit Blick auf andere Wirtschaftszweige. So können Roboter durch künstliche Intelligenz bereits einfache journalistische Texte schreiben. Beispiele hierfür finden sich besonders in der Sportberichterstattung und sind von den Texten „richtiger“ Journalisten nicht mehr zu unterscheiden. An diesem Punkt wird es kritisch. Denn durch künstliche Intelligenz kann nun auch Wissensarbeit von Robotern oder besser gesagt, von Software ausgeführt werden. Nicht nur als Ergänzung der menschlichen Tätigkeit, sondern eigenständig. Theoretisch gibt es kaum noch Arbeit, die ein Roboter mit künstlicher Intelligenz nicht erledigen könnte. Also auch kaum Arbeitsplätze, die von der Digitalisierung nicht bedroht sind.

Freelancer – Wirklich frei?

Aber es ändert sich nicht nur die Anzahl der Arbeitsplätze. Sie ändern sich voraussichtlich auch in ihrer Struktur. In den USA arbeitet bereits etwa ein Drittel aller Arbeitskräfte in der „Freelance Economy“. Freelancer sind freie Mitarbeiter, die rechtlich selbstständig sind und projektbezogen für Unternehmen arbeiten. Das hat für den Arbeitsgeber den Vorteil, dass er sich die hohen Lohnnebenkosten sparen kann. Für den Arbeitnehmer kann ein solches Arbeitsverhältnis sowohl Chancen wie Risiken bergen.

Besonders in Bereichen der gut bezahlten Wissensarbeit, wie beispielsweise der IT, gehen viele Spezialisten gerne in die Selbstständigkeit. Das verschafft ihnen Flexibilität und abwechslungsreiche Arbeitsaufträge. So kann man als Freelancer seine Kreativität besser entfalten und sich immer wieder neue Herausforderungen suchen. Man ist ungebunden und sucht sich selbstbestimmt das nächste Projekt aus, an dem man mitarbeiten möchte. Wegen der guten Bezahlung kann man zwischen einem Auftrag und dem nächsten auch ruhig mal einen Monat Pause machen um zu reisen oder sich andere Wünsche zu erfüllen.

Doch gibt es nicht nur diese Art von Freelancern. Ein Großteil der 53 Millionen Amerikaner, die als freie Mitarbeiter beschäftigt werden, hat diesen Weg nicht gewählt, weil er ihren Interessen und ihrer Persönlichkeit entspricht. Sie haben schlicht keine Möglichkeit, anderweitige Beschäftigung zu finden. Und hier finden sich dann auch viele Probleme. Die Tendenz in die USA liegt im Moment darin, die Arbeitsnehmer so in die Selbstständigkeit zu zwingen, um als Unternehmen seine Kosten zu reduzieren. Das hat für den Arbeiter schwerwiegende Folgen: er ist nicht mehr versicherungspflichtig und fällt somit aus der sozialen Sicherung heraus. Nicht nur, dass es so nahezu unmöglich ist, eine Alterssicherung aufzubauen, auch die Krankenversicherungsbeiträge können von vielen nicht mehr bezahlt werden. Hinzu kommt die Unsicherheit. Man ist leicht ersetzbar und hat keinen Anspruch auf sozialverträgliche Kündigungsfristen oder Urlaub und hat auch keine organisierte Interessensvertretung.

Deutschland – (k)ein Freelancer Land

In Deutschland hat sich dieser Trend bisher noch nicht eingestellt: Bei uns ist die Zahl der Selbstständigen in den letzten Jahren sogar zurückgegangen. 2015 sank die Zahl auf das Niveau von 2005. So haben wir derzeit etwa 4,3 Millionen Selbstständige in Deutschland. Es ist also etwa jeder zehnte Erwerbstätige in Deutschland selbstständig. Das ist im Vergleich zu den USA noch sehr moderat. Unser soziales Sicherungssystem ist zudem besser ausgebaut. Doch auch für deutsche Selbstständige besteht das Problem der Altersvorsorge, da sie nicht mehr rentenversicherungspflichtig sind. Außerdem muss ein Freelancer seine Bezahlung selbst aushandeln: Gewerkschaften vertreten auf übergeordneter Ebene (bisher) nur die Interessen von Angestellten. Wenn sich der Trend der USA, wie so oft, mit einiger Verzögerung auch bei uns durchsetzt, würde das die Position der Gewerkschaften sehr schwächen. Die Unternehmen hätten gegenüber den einzelnen Projektarbeitern größere Verhandlungsmacht und könnten so die Löhne drücken.

Doch wird sich dieses Prinzip tatsächlich durchsetzen? Im Moment hat es, trotz vieler Schwarzmalerei, nicht den Anschein. Die Gig-Economy ist in Deutschland kaum verbreitet. Typische Unternehmen aus diesem Bereich, wie der Taxidienstleister Uber, haben es hier schwer. Sie können kaum Erfolge verzeichnen und werden von den Behörden streng reglementiert.

Unternehmer – Immer die Schurken?

Ein Punkt, der in diesem Zusammenhang bei Diskussionen oft außer Acht gelassen wird, ist die Flexibilität von Unternehmen. Denn auch diese wandeln sich in ihren Strukturen, um den Arbeitnehmern mehr Raum zu geben. Besonders hochqualifizierten Mitarbeitern werden viele Möglichkeiten eröffnet, so haben diese in der Regel flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit zum Homeoffice und ähnliches. Die Arbeitgeber passen sich den Wünschen der Arbeitnehmer an, um diese im Unternehmen zu halten.

Schwierig wird es auch hier für die geringer Qualifizierten, die auf den Schutz durch Gewerkschaften angewiesen sind und die bisher Arbeit verrichten, die sich relativ einfach und langfristig rentabel durch Robotertechnik ersetzen lässt.

Was Gewinner ausmacht – Breitband

Nicht zuletzt darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Digitalisierung auch einen Kampf der Standorte bedeutet. Für digital-agierende Unternehmen sind schnelle Internetanbindungen die Existenzgrundlage. In einem föderalen Staat wie Deutschland kann die unterschiedliche Entwicklung des Breitbandausbaus in den einzelnen Bundesländern wirtschaftliche Differenzen hervorbringen bzw. verstärken. Auch die Unterschiede zwischen Stadt und Land können sich verschärfen. Ein flächendeckender Breitbandausbau ist somit elementar für die künftige wirtschaftliche und damit auch soziale Entwicklung.

Wie sich die Digitalisierung auf unsere Arbeitswelt auswirken wird, ist also noch unklar. Die Probleme der demografischen Entwicklung könnten durch eine konsequent umgesetzte Digitalisierung gemildert werden. Diese könnte aber auch zu neuen Verwerfungen in der Gesellschaft führen. Die Differenzen zwischen arm und reich aber auch zwischen Stadt und Land können sich verschärfen. Auch die Frage nach der Gestaltung der Arbeit bleibt unbeantwortet. Vertreter der Wirtschaft, genauer gesagt der Digitalwirtschaft, sehen die Entwicklungen besonders kritisch, da die Digitalisierung in ihrem Bereich sehr starke Auswirklungen hat. Von ihnen wird darauf hingewiesen, dass sich die Politik schon frühzeitig mit Modellen wie einem Bedingungslosen Grundeinkommen ernsthaft auseinandersetzen sollte. Doch dass sich die Digitalisierung tatsächlich branchenübergreifend allumfassend durchsetzen wird, ist doch eher unwahrscheinlich.

Von Judith Alms


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