Die katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) im Bistum Bamberg macht sich am Tag der Arbeit Gedanken über den Umgang mit der menschlichen Arbeit der Dienstleistungsberufe, so Lothar Bischof, Diözesanvorsitzender der KAB Bamberg: In der Regel sind diese Kolleginnen und Kollegen schlecht bezahlt, gesellschaftlich nicht anerkannt, und ihre Arbeit wird in der Öffentlichkeit als selbstverständlich hingenommen. In der Krise werden sie plötzlich systemrelevant, dabei halten die Beschäftigten seit Jahrzehnten in den Dienstleistungsberufen unsere Gesellschaft am Leben.
Für den katholischen Sozialverband zeigt sich seit Jahren, dass gesellschaftlich notwendige Dienstleistungen in der Politik immer noch zu wenig wahrgenommen werden. Für die KAB ist der Staat keine Gesellschaft mit beschränkter Haftung; er ist keine Aktiengesellschaft und keine GmbH & Co KG. Er ist nicht börsenorientiert und muss keinen finanziellen Gewinn machen, sondern dafür sorgen, dass sozialer Friede herrscht in diesem Land. Der Mensch muss im Mittelpunkt unseres Handelns stehen, so Lothar Bischof.
Zwischen Kostendruck, notwendiger Modernisierung und Unverzichtbarkeit für eine gerechte Gesellschaft haben es Politik und Wirtschaft versäumt, klare Ziele und Prioritäten zu setzen, erläutert Bischof weiter.
Für die KAB Diözesanleitung zeigt sich, dass das Corona Virus sowohl für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch Unternehmen eine Krise heraufbeschwört, die bei genauer Betrachtung die jahrelangen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt schlagartig zu Tage treten lässt. Die Angst und der Aufschrei von Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Beginn des Shutdowns war groß, durch die geringe Höhe des Kurzarbeitergeldes, die Angst Mieten nicht mehr bezahlen zu können oder gar das Dach über den Kopf zu verlieren. So haben sich Löhne und die Kosten für Miete und Daseinsvorsorge auseinanderdifferenziert. Es zeigt auch, dass es faktisch keine realen Lohnzuwächse auf Seiten vieler ArbeitnehmerInnen in den letzten Jahren und Jahrzenten gab, trotz der exzellenten wirtschaftlichen Lage. Viele Kolleginnen und Kollegen stehen wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand, für viele Menschen geht es schlicht um die Existenz. Das wirtschaftliche Wachstum ging an den Beschäftigten vorbei, argumentiert Diözesansekretär Korschinsky.
Dienstleistungsberufe brauchen auch in der Zukunft mehr als nur Schulterklopfen oder den kurzfristigen Applaus, sie sind es, die die Gesellschaft am Laufen halten, dies zeigt sich gerade jetzt in dieser Krise. Der Fokus der Öffentlichkeit richtet sich zurzeit hauptsächlich auf das Pflegepersonal, aber auch ohne Paketboten, Postzusteller, Reinigungskräfte, Küchenpersonal, LKW-Fahrer und Logistiker ist ein reibungsloses Funktionieren einer Gesellschaft nicht möglich, sie sind systemrelevant und damit wichtig. Dabei kämpfen gerade diese Berufsgruppen mit Lohndumping. Wer sich mit dem Mindestlohn zufriedengeben muss, für den werden nur 1/3 der Rentenbeiträge eines Normalverdieners in die Rentenversicherung einbezahlt. Heute systemrelevant - morgen vergessen. 60 Prozent Kurzarbeitergeld bedeuten immer noch 12 Prozent mehr als das aktuelle Rentenniveau. Wie viele unserer Kolleginnen und Kollegen müssen sie sich dann auf die Grundrente verlassen, die noch gar nicht im Kraft ist. So kann und darf eine auf Gerechtigkeit und Solidarität basierende Gesellschaft nicht funktionieren, erläutert Korschinsky weiter.
Es hat sich vor allem im Krankenhaussektor gezeigt, dass die Privatisierung großer Teile der Daseinsvorsorge nicht funktioniert und nicht dem Wohl der Menschen dient.
Diejenigen, die diese gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen erbringen, müssen nicht nur wertgeschätzt, sondern auch fair und gerecht entlohnt werden, damit sie sich selbst auch diese Daseinsvorsorge leisten können.
Für Ingrid Schumann, Vorsitzende der KAB Bamberg, zeigt sich ein klares Bild: Das ständige Streben alles der absoluten Wirtschaftlichkeit zu unterwerfen hat zur jetzigen Überforderung der Dienstleistungsberufe beigetragen. Die meisten dieser Tätigkeiten werden von Frauen ausgeführt und dienen zum Großteil der Daseinsvorsorge. In den 2000er Jahren wurde viel Pflegepersonal abgebaut, viele Krankenhäuser privatisiert und Reinigungsaufgaben öffentlich vergeben.
Der Mensch und der Wert seiner Arbeit muss im Mittelpunkt stehen, damit aus der Krise die Chance erwächst, es danach besser zu machen.
Einmalzahlungen reichen nicht, sie sind eher eine Entschuldigung als eine Lösung des Problems. Berufe, in denen man quasi wie in einem Durchlauferhitzer arbeitet, werden dem Menschen nicht gerecht. Die politische und öffentliche Diskussion zu gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen und deren Wert muss jetzt beginnen, um nach der Krise die notwendigen Weichen für eine gerechtere und stabilere Zukunft stellen zu können. Nach der Krise ist vor der Krise. meint Diözesansekretärin Luise Müller.
Die Begehrlichkeiten wachsen schon wieder, wenn Arbeitsminister Hubertus Heil das Arbeitszeitgesetz lockern will, damit noch mehr und länger gearbeitet werden kann. Der Handelsverband Deutschland (HDE) will ein generelles Öffnen der Läden am Sonntag bis zum Jahresende durchboxen. Scheinbar wollen schon wieder viele zurück in die Zeit vor der Krise. Hier scheint man schon wieder auf die jetzt so systemrelevanten und öffentlich beklatschten Berufe in Zukunft keine Rücksicht mehr nehmen zu wollen. Der Sonntag dient den Menschen um seiner Freiheit nicht um seiner Verwertbarkeit willen, argumentiert Diözesanpräses Albert Müller.