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Bitte zurück zur Rente mit 65!

NÜRNBERG - Die Wanderausstellung der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) mit dem Titel "Gute Arbeit" macht bis zum 22. Juli im Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) in der Königstraße 64 Station.

Nürnberger Zeitung berichtet am 05.07.2011

Ausstellung "Gute Arbeit" im Caritas-Pirckheimer-Haus - 05.07. 19:28 Uhr

NÜRNBERG - Die Wanderausstellung der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) mit dem Titel "Gute Arbeit" macht bis zum 22. Juli im Caritas-Pirckheimer-Haus (CPH) in der Königstraße 64 Station.

Auf insgesamt sieben Stellwänden äußern sich Betroffene in kurzen Texten zu Themen wie Arbeitslosigkeit, altersgerechte Arbeitsplätze, Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder dem „Kostenfaktor Mensch“. Unter den Erfahrungsberichten ist die jeweilige Forderung der KAB zu lesen sowie eine Äußerung von Kirchenvertretern zum Thema. Auffallend oft wird hier Papst Johannes XXIII. zitiert, der von 1958 bis 1963 im Amt war. Das Thema „Gute Arbeit“ ist also nicht erst seit heute ein Thema.

Bei der Ausstellungseröffnung betonte KAB-Vertreter Siegfried Ecker, dass sein Verband sich von der aktuellen katholischen Soziallehre deutlich abgrenzt. Beispielsweise widerspricht die KAB in wesentlichen Punkten dem „Impulstext“, den die Kommission VI der Bischofskonferenz Ende Juni unter dem Titel „Chancengerechte Gesellschaft. Leitbild für eine freiheitliche Ordnung“ herausgegeben hat. „Die Bischofskonferenz befürwortet darin die Kapitaldeckung und Rente mit 67. Unsere Positionen stehen dazu im Kontrast. Als kirchliche Widerstandsgruppe wollen wir weg von der Kapitaldeckung und zurück zur Rente mit 65.“

Für eine Einordnung der Entwicklung aus ökonomischer Sicht sorgte Hauptreferent Ulrich Walwei, Vizedirektor des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Als Grundtendenz seiner Ausführungen stellte Walwei die Frage in den Raum, ob nicht manche Veränderung eher als Chance denn als Risiko begriffen werden sollte. Es komme zukünftig darauf an, „die Menschen stark zu machen für berufliche Aufwärtsmobilität“, so Walwei. Deutschland gehöre inzwischen zu den Flexibilitätsspitzenreitern, werde in der EU nur noch von den Niederlanden wegen des dort sehr hohen Teilzeitanteils übertroffen. „Das stärkste relative Wachstum ist bei der Leiharbeit zu beobachten, das stärkste tatsächliche Wachstum im Bereich Teilzeitarbeitsplätze und Befristungen“, sagte Walwei. Jüngere Menschen, Frauen und Personen ohne Ausbildung seien hauptsächlich Teilzeit- und Befristungskandidaten. Vor allem gering Qualifizierten biete sich so eine Chance beruflicher Integration, meint der Ökonom.

Immer mehr Niedriglohn-Jobs

Die Chancen auf Umwandlung in unbefristete Arbeitsverhältnisse lägen um 50 Prozent, mit Abweichungen je nach branchenüblichen Befristungsquoten. Die Leiharbeit bezeichnete Walwei „als Drehtür zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, wie kein anderes Instrument“, schob aber unmittelbar die zweite Metapher hinterher – „schmaler Steg“, weil nur ein kleiner Teil der Leiharbeiter in feste Beschäftigung übernommen werde.

 „Der Niedriglohnbereich ist in den letzten Jahren in keinem Land der westlichen Welt so stark gewachsen wie in Deutschland. Zwischen 2000 und 2007 um 4,6 Prozent“, sagt Walwei und schlussfolgert, die „Frage der sozialen Flankierung“ werde immer virulenter. Mindestlöhne hält er nur in „moderater“ Höhe für sinnvoll beziehungsweise wirtschaftlich unschädlich. Auf Nachfrage bezifferte er „moderat“ auf maximal 7,50 Euro für West- und 6,50 Euro für Ostdeutschland. Stefan Doll vom DGB Mittelfranken brach die ökonomische Situation auf Nürnberg herunter, indem er sagte, dass jeder dritte Arbeitnehmer unserer Stadt zur Gruppe der „atypisch Beschäftigten“ gehöre und fast jeder vierte im Niedriglohnsektor arbeite.

Im großen Saal des CPH, in dem die Ausstellung aufgebaut ist, liegt ein Buch aus, in das jeder Besucher seine Gedanken und Wünsche zum Thema „Gute Arbeit“ eintragen kann.

Christina Roth