KAB Bamberg

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Bamberger Erklärung 2021

Präambel

Im akuten Stadium der Coronakrise war die Sehnsucht nach gewohnten Lebens­abläufen groß. Der gesellschaftliche Lockdown - je länger, desto mehr - ließ nicht nur die wirtschaftlichen und politischen Kräfte nervös werden. Alle warteten darauf, die verschiedenen Systeme des sozialen Lebens wieder hochzufahren.

Endlich wieder Normalität! Allein die Hoffnung darauf wirkte erleichternd. Doch wollen wir das wirklich? Rückkehr zur Routine, also zu dem, wie unsere Gesellschaft bis zum Lockdown so gelaufen ist? Vergessend, dass uns - durch unser Handeln hervorgerufen und bestärkt - vor Corona schwere Krisen bedroht haben, die die Welt akut und perspektivisch aus dem Gleichgewicht brachten? Klimaerwärmung, Spaltung in Arm und Reich, erzwungene Migration, Rechtspopulismus…

Das alles ist ja nicht einfach vorbei!

Die Katholische Arbeitnehmerbewegung im Erzbistum Bamberg stellt sich diesem gesellschaftlichen Diskurs mit eigenen Vorschlägen. Inhaltlich stehen wir auf der Basis der Enzyklika von Papst Franziskus „Laudato Si“ von 2015: „Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise“ (LS139).

Die Pandemiekrise ist uns Anlass, neu nachzudenken, wie wir unsere Gesellschaft anders organisieren wollen, damit sie gerechter, solidarischer und umweltsensibler in die Zukunft gehen kann. Lassen wir die Krise also nicht einfach wie einen bösen Albtraum vorüberziehen, sondern nutzen sie auch für einen gemeinsamen sozial­ethischen Neustart unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Abläufe.

Corona und danach

Arbeitsschutz, Löhne und Mitbestimmung
Die Wirtschaft hat während der Pandemiekrise zweifellos gelitten. Der Nachholbedarf ist jetzt entsprechend hoch. Und mit ihm wächst auch die Versuchung - allen gegen­teiligen Beteuerungen zum Trotz - das nachholende Wachstum anzukurbeln, wo auch immer das möglich ist. So besteht die Gefahr, nach der Pandemie in den Modus einer Wachstumseuphorie zu verfallen, um möglichst schnell sämtliche wirtschaftlichen Defizite aufzuholen, ohne Rücksicht auf die sozialen und ökologischen Erfordernisse. Deshalb sind alle aktuellen Investitionsentscheidungen darauf zu überprüfen, inwieweit sie die ökologischen, sozialpolitischen und rechtspolitischen Standards für eine zukunftsfähige Gesellschaft einhalten.

Während der Coronakrise hatte die Bundesregierung per Verordnung befristet die Arbeitszeitregelungen für bestimmte Branchen gelockert. So waren etwa für das Personal im Gesundheitsbereich, im Transport oder bei Energieversorgern längere tägliche Höchstarbeitszeiten und kürzere Mindestruhezeiten möglich. Durch die inzwischen wieder zurückgenommenen Lockerungen wurde uns der Wert des Arbeitsschutzes und des Arbeitsrechtes insgesamt vor Augen geführt. Dies sind Errungenschaften, die wir nicht nur hüten müssen wie unseren Augapfel, sie bedürfen vielmehr auch der Weiterentwicklung des Ausbaus. Dazu bedarf es starker Mitbestimmungsakteure, Betriebsräte und Gewerkschaften. Dies gilt gerade in Zeiten wirtschaftlicher Verunsicherung, in denen zunehmend Arbeitsplätze zur Disposition stehen.

Denn die Mitbestimmung ist ständig gefährdet und muss in jeder Generation neu erkämpft und ausgehandelt werden. Und dazu braucht es - Gewerkschaften und Sozialverbände wissen das zur Genüge - Menschen, die sich einsetzen und sich damit auch so mancher Kritik aussetzen. Die Privatisierung der letzten Jahrzehnte jedenfalls hat in nicht wenigen Bereichen der Arbeitswelt zu einer Schwächung der Mitbestimmung geführt.

Bei den Löhnen gibt es in Deutschland einen enormen Nachholbedarf. Und auch wenn jetzt das Argument, man dürfe durch zu hohe Lohnforderungen den Aufschwung nicht gefährden, wohl wieder verstärkt zu hören sein wird, darf uns das nicht über die Einsicht hinwegblenden, dass etwa gerade der aufgeblähte Niedriglohnsektor in Deutschland künftig systematisch reduziert werden muss. Niedrige Löhne sind neben Erwerbslosigkeit die Hauptursache für Armut in unserer Gesellschaft. Der letzte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung (2017) muss eingestehen, dass die unteren 40% der Einkommen heute real weniger Kaufkraft zur Verfügung haben als in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand.
Der Mindestlohn als unhintergehbare unterste Grenze muss auf die armutsfeste Höhe von derzeit 13,69 € angehoben werden!

Was heißt denn hier „systemrelevant“?

Mit der Coronakrise ist der Begriff der Systemrelevanz ins öffentliche Bewusstsein gedrungen und auf bestimmte Berufe angewandt worden. Dabei wurde schnell klar: Es ist zu einseitig, diese Bezeichnung nur für die zum Überleben notwendigen Berufe zu reservieren (etwa für das Pflegepersonal, die Einzelhandelsbeschäftigten oder die Polizei). Als systemrelevant in einem weiteren Sinn verstanden sich auch andere, z.B. die Kulturschaffenden, die Psychologen, die Bildungsarbeiter*innen oder die Hand­werker. Besonders herauszustellen sind in diesem Zusammenhang vor allem auch die Familien, auf die ein Großteil der Last, die mit dem Lockdown verbunden war, zurückgefallen ist. Häusliche Pflege, Homeschooling oder Homeoffice sind nur drei Stichworte für Prozesse, die die Familien in ihren häuslichen vier Wänden nicht selten unter Dauerstress gesetzt haben. Die basalen Strukturen der Familie sind es, die die gesellschaftlichen Grundfunktionen aufrechterhalten haben.

Außerdem hat die Pandemie die Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen gnadenlos sichtbar gemacht. Die Krankenhäuser wurden in den letzten Jahren auf Effizienz getrimmt. Effizienz heißt, dass möglichst viele Patienten, die sich lohnen, mit möglichst wenig Personal in möglichst kurzer Zeit behandelt werden. So wurden hunderte Krankenhäuser mit tausenden von Betten geschlossen. Private Träger betreiben inzwischen mehr Krankenhäuser als die öffentliche Hand. Es gibt nur geringe Vorhaltungsmengen an Materialien für Notfälle, wie die Viruskrise uns allen vor Augen geführt hat. Die Pflege wurde personell immer mehr ausgedünnt. Die Übrig­gebliebenen arbeiten oft an der Grenze ihrer Belastbarkeit und werden zudem noch beschämend niedrig bezahlt. Daran hat auch der sprichwörtliche Applaus für die sogenannten Helden der Krise grundsätzlich nichts geändert.

Wo steht eigentlich geschrieben, dass im Gesundheitswesen Gewinne gemacht werden müssen? Warum muss es marktförmig ausgerichtet sein? Die Privatisierung, die einstmals als Lösung für die Zukunft ausgegeben wurde, ist zum eigentlichen Problem geworden. Wir brauchen keine marktkonformen Krankenhäuser, sondern patientengerechte. Die existentielle Grundversorgung der Menschen muss in die öffentliche Verantwortung zurückgenommen werden. Denn der Mensch und seine Bedürfnisse sollen im Mittelpunkt stehen und nicht Gewinne und Renditen.

DESHALB FORDERN WIR:

  • Häusliche Pflegearbeit und Familienarbeit müssen rentenrelevanter werden, d.h. sie müssen bei der Rentenerhöhung stärker berücksichtigt werden.
  • Gesundheitsversorgung ist Daseinsvorsorge. Markt und Wettbewerb, Preise und Gewinne haben hier nichts verloren. Die Privatisierung in diesem Bereich ist Schritt für Schritt rückabzuwickeln.
  • Für alle Berufsgruppen im Krankenhaus müssen verbindliche Personalbedarfszahlen ermittelt und durchgesetzt werden.
  • Die Vergütung der Pflege, der Assistenzberufe und der Servicebereiche muss deutlich erhöht werden - und zwar Tabellenwirksam, nicht durch Einmalzahlungen.

Klimakrise erfordert schnelles und konsequentes Handeln

Die Bedeutung ökologischer und sozialer Fragen für ein gutes Leben rückt aufgrund von bedrohlichen klimatischen Veränderungen und der zunehmenden Zerstörung natürlicher Lebensräume immer stärker in den Fokus. Aber bis jetzt scheinen die Klimaveränderungen mit ihren teilweise drastischen Auswirkungen in den Industrie­staaten nicht gravierend genug gewesen zu sein, als dass man ernsthaft hätte handeln müssen. Durch Hochwasser, Stürme, Hitzewellen in Verbindung mit Dürre sind vor allem arme Länder betroffen, aber die sind ja weit weg. Trotz allem gilt das Wirtschafts­modell der Industrienationen bisher noch global als Standard für gutes Leben.

Coronakrise - Klimakrise

Seit März 2020 - ausgelöst durch die lebensbedrohliche Coronapandemie – hat die Welt ihr Gesicht verändert. Ein Shutdown legte das komplette wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben lahm. Die Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gleichen sich in allen Ländern bis ins Detail. Welch‘ seltene Einigkeit.

Es ist schon verwunderlich, dass der Klimawandel - seit Jahrzehnten wissenschaftlich belegt - bisher nicht zu ähnlich drastischen Maßnahmen geführt hat. Ein für uns als KAB ganz bedeutender Mahner, Papst Franziskus, veröffentlichte im Mai 2015 seine Umweltenzyklika „Laudato Si - über die Sorge um das gemeinsame Haus“. Darin spricht er vom ökologischen und sozialen Ansatz die Gerechtigkeit mit in die Umweltdiskussion aufzunehmen, um die Klage der Armen ebenso zu berücksichtigen wie die Klage der Erde.

Hoffnung machte dann im Dezember 2015 das Pariser Abkommen, in dem sich 197 Staaten der Welt auf Vereinbarungen zum Schutz unseres Planeten geeinigt haben. Doch Deutschland verfehlte schon aufgrund der halbherzigen Politik das selbstgesteckte Ziel, bis 2020 die CO²-Belastung um 40% zu reduzieren. Erreicht wurde lediglich eine Treibhausgas-Reduzierung von 32 %.

Ältere blicken zurück, aber Jüngere in die Zukunft. Wahrscheinlich führte das zum Erfolg von der damals 15-jährige Greta Thunberg, die im August 2018 mit ihren Schulstreiks begann. Der Aufschrei der Jugend hat sich inzwischen zu einer „For Future Bewegung“ ausgeweitet, in der sich Schüler, Eltern, Großeltern, Künstler, Wissenschaftler u.v.m. in über 25 unterschiedlichen Gruppen engagieren. Jetzt ruhen viele Hoffnungen auf ihnen.

In Sorge um unsere Lebensgrundlagen

Was passiert gerade: Überbordender Konsum, Umwelt und Gewässer verseucht und voller Müll. Ein nicht zu leugnendes ökologisches Ungleichgewicht ist deutlich spürbar. Inzwischen wehrt sich die Natur mit nie dagewesenen Wetterextremen. Mit Schrecken müssen wir nun zugeben, dass die ökologische Krise sehr komplex ist, sich lokal, global und vor allem akut bemerkbar macht.

Verknüpfung von Politik und Wirtschaft – zwei Beispiele

Politik hat die Aufgabe Rahmenbedingungen vorzugeben. Was ist, wenn sich schließlich herausstellt, dass diese in die falsche Richtung gewiesen haben? So gab es staatlichen Förderungen für die Atomenergie in Milliardenhöhe. Ähnlich hohe Beträge sind künftig noch zu investieren für den Atomausstieg und die Endlagerung. Diese Unsummen haben den Ausbau erneuerbaren Energien sehr lange Zeit blockiert.

Bisher gibt es für die Unternehmen insgesamt nur eine freiwillige Selbstverpflichtung verantwortlich zu handeln, was ihre Lieferkette betrifft. Doch es geht nicht ohne einen gesetzlichen Rahmen, damit der Schutz von Mensch und Umwelt hier bei uns und weltweit eingehalten wird.
So entstand die „Initiative Lieferkettengesetz“, der sich auch die KAB angeschlossen hat, um Druck auf die Politik auszuüben endlich einen gesetzlichen Rahmen vorzugeben, der die Unternehmen zur Übernahme von Verantwortung zwingt.

Firmen auf Abwegen – zwei Beispiele
Bedenke: Unendliches Wachstum in einer endlichen Welt ist nicht möglich!

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Planet Erde inzwischen zu einer großen industriellen Agrarfabrik mutiert ist. Konzerne wie Monsanto, BASF und Bayer verdienen sich vor allem in asiatischen Ländern eine goldene Nase mit gen­manipuliertem Saatgut, das letztendlich zu Monokulturen führt, die einen erhöhten Pestizid- und Düngemitteleinsatz erfordern. Die Kosten dafür treiben die kleinen Bauern in die Schuldenfalle und hinterlassen ausgelaugte Böden, die keine Früchte mehr hervorbringen.

Des Deutschen liebstes Kind, das Auto, ist zum Problemfall geworden. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt von der Autoindustrie ab. Andererseits trägt der hohe Schadstoff-Ausstoß der Fahrzeuge mit dazu bei, dass die Ziele zur CO²-Reduzierung aus dem Pariser Abkommen nicht eingehalten werden können. Die KFZ-Industrie hat enorme Gewinne eingefahren, aber nicht in zukunfts­weisende Antriebsformen investiert. Dazu kam schließlich noch der Abgasskandal. Namhafte Firmen wie VW und Daimler wurden des Betrugs überführt.

Ausgelieferte Verbraucher*innen?

Die Maxime des Wirtschaftens nach stetigem Wachstum und Profitmaximierung hat sich über Jahrzehnte auch auf unsere Gesellschaft übertragen. Verführt durch Werbung werden bei den Verbrauchern ständig neue Bedürfnisse geweckt, Dinge zu kaufen, die man eigentlich gar nicht braucht. Billigware unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt, überschwemmt den Markt und landet schnell auf dem Müll.

Warum werden ganze Lebensräume durch Rodung von Urwäldern zerstört und was hat das mit uns zu tun? Es braucht Agrarflächen für den Futteranbau, wie Soja, Weizen, Mais, um z.B. auch unseren Fleischhunger zu befriedigen. Und genau da kommt der aktuelle Erreger Covid-19 mit ins Spiel. Spätestens seit März 2020 wird immer deutlicher, wie sehr die Verbreitung von Viren wie Corona mit der wirtschaftlichen Globalisierung zu tun hat. Denn immer tiefer dringt die Agrarindustrie in die Wildnis vor, sodass die Viren von Wildtieren auf Nutztiere und schließlich auf den Menschen überspringen, um dann ihre Reise um den Planeten antreten.

Konsument*innen können selbstbewusst und eigenverantwortlich handeln.

Umfragen zufolge zeigt sich ein Großteil der Gesellschaft aufgrund des Klimawandels besorgt. Doch die Ausmaße der drohenden Gefahren übersteigen das menschliche Vorstellungsvermögen. Damit bleibt das nötige Tun auf der Strecke, denn Wandel bedeutet Veränderung. Leider neigt der Mensch dazu, stark im Wohlstand verhaftet, es sich bequem zu machen und untätig zu bleiben.

Klar ist: Indem wir etwas kaufen, unterstützen wir das Anliegen der Produzenten. Der eine Hersteller will vor allem Umsatz machen und Aktionäre befriedigen, der andere eben nachhaltig handeln, die Umwelt schützen und seine Lieferanten und Mitarbeiter gerecht bezahlen. Unsere Kaufentscheidung bestimmt mit, welches Unternehmen erfolgreicher ist. Und so kann am Ende ein bewusster Konsum eben doch die Welt verändern.

Mit Blick in die Zukunft

Wir wollen, dass unsere Kinder und Enkel eine Zukunft haben. Deshalb müssen wir endlich verstehen, dass wir keine Kosten und Mühen scheuen dürfen, um die drohende Gefahr abzuwenden. Dazu braucht es ein radikales Umdenken, eine neue Wertschätzung der uns umgebenden Natur, Ehrfurcht vor allem was lebt.
Darum ist es dringend angesagt weltweit gemeinsam ins Tun zu kommen. Alle Akteure sind gefragt: Politik, Wirtschaft, Kirchen und Gesellschaft, natürlich auch jede einzelne Person. Vernünftig ist nicht mehr nach der Krise richtig zu handeln, sondern vorher, um die Katastrophe, die unseren Planeten zerstören könnte, zu verhindern.
Deshalb wollen auch wir als KAB Verantwortung übernehmen und mit Gleichgesinnten etwas bewegen. Die Herausforderung ist schnell und konsequent ins Handeln zu kommen.
Und wir haben ein neues Jahrzehnt vor uns mit unglaublich vielen Chancen indem wir uns beteiligen können, die Weichen neu zu stellen, um das zu korrigieren, was schon so viel Schaden angerichtet hat. All das für eine lebens- und liebenswerte Zukunft in Verantwortung vor Gott und den Menschen.

DESHALB FORDERN WIR:

von der Politik einen gesetzlichen Rahmen für verstärkten Umwelt- und Klimaschutz, z.B.

  • durch Subventionen, die an Nachhaltigkeitsmaßnahmen gekoppelt sind
  • um Gesetzesvorlagen dahingehend zu überprüfen, wie sie sich auf Klima und Umwelt auswirken
  • durch Einforderung von verpflichtender Transparenz der Unternehmen
  • für (verbraucherfreundliche) Kennzeichnungspflicht der Produkte, damit sich Konsument*innen umweltfreundlich ausrichten können

von der Wirtschaft Investitionen in nachhaltige Produktverfahren, z.B.

  • durch Überprüfung der Produktionsketten auf Umwelt- und Klimaverträglichkeit
  • um den bei der Digitalisierung anfallenden hohen Energieverbrauch durch alternative Energien abzudecken
  • durch Erhöhung des Kostenanteils eines Produktes, der für Transport anfällt, damit sich regionales Wirtschaften durchsetzen kann

von den Kirchen, die ihre Vorbildfunktion deutlich machen müssen, z.B. durch

  • klimaneutralen Einkauf des eigenen Bedarfs, um damit Firmen mit guter Umweltbilanz zu unterstützen
  • aktives Einbringen in politische Diskussionen

von uns als KAB Ökologie und Arbeit zusammenzubringen, also zusammenzudenken, z.B.

  • Wahrnehmung der Brückenfunktion zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kirche
  • durch Bildungsarbeit das Bewusstsein der Menschen zu schärfen

Für Freiheit und Demokratie muss sich jede und jeder engagieren

Freiheit ist mehr als nur Selbstverwirklichung. Es ist die Kraft, die uns dazu bringt, auch über uns selbst hinauszugehen. Die Bezogenheit auf andere macht Freiheit besonders erlebbar, macht allerdings nicht bei der Selbstverwirklichung halt. Freiheit wird insofern fordernd, als sie uns, den Einzelnen, dazu bringen kann, sich selbst zu überwinden - und sich selbst zu beherrschen. 

Selbstbeherrschung als Form der Freiheit

Das Wort ist zu Unrecht verkannt, denn zur Freiheit ermächtigt, wächst uns die Macht zur Eigenverantwortung und zur Verantwortung für andere zu. Indem wir eigene Grenzen erkennen und die achten, die andere uns setzen. Wenn kein Zwang da ist, herrscht Freiheit. Wenn man selbst bestimmen kann, was man tut, ist man frei. Die eigene Freiheit endet dort, wo die Freiheit anderer geschützt werden muss. So wird Freiheit in der politischen Bildung definiert. Damit enthält Freiheit auch eine Pflicht. Freiheit ist eben mehr als ein Gefühl. Freiheit ist eine Geisteshaltung.

Vieles lernt man erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat. Durch die Corona-Pandemie wird uns dies auf eindrucksvolle Weise am Beispiel unserer Freiheits- und Bürgerrechte vor Augen geführt. 

Verbesserungen für Transparenz von Maßnahmen

Wenn man auf die Pandemie blickt, wird deutlich, dass nicht alles gut gelaufen ist. Entscheidungen wurden aus Sorge, von wenig Verantwortlichen getroffen. Nicht immer konnte man nachvollziehen, nach welchen Kriterien diese Entscheidungen gefallen sind. Es wurde immer nur als Grund das Leben zu schützen genannt. Dies ist generell ein wichtiges Grundrecht, aber einige Maßnahmen hatten aus Sicht einer Minderheit den Anschein, sie wären willkürlich. Deshalb entstand Widerstand und Misstrauen. Vor allem auf Grund der Vielfalt von Informationen, davon ein großer Teil falscher Informationen, wuchs bei einem Teil der Menschen die Verunsicherung und der Hang an einfache Erklärungsmuster und Lösungen zu glauben. Es ist nicht wirklich gelungen, eine von allen einigermaßen akzeptierte Institution zu installieren, die gegen die Verunsicherung angehen konnte.

Es sollte daher eine unabhängige Kommission zur Wahrung bürgerlicher Rechte mit Experten aus den Bereichen Justiz, Wissenschaft und Zivilgesellschaft eingesetzt werden. Als unabhängiges Gremium ausgestaltet, ähnlich der Mindestlohn­kommission, dem Deutschen Ethikrat oder den „Wirtschafts­weisen“, kann sie freiheitseinschränkende Maßnahmen und deren Lockerungen kritisch begleiten. Langfristig sollte sie institutionalisiert werden, um als ständiges Beratungsgremium in Gesetzgebungsverfahren mitzuwirken. Denn auch außerhalb von Krisenzeiten stehen die Bürger- und Freiheitsrechte häufig unter Druck, sei es im Zuge des digitalen Wandels oder durch politische Begehrlichkeiten unter dem Deckmantel der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung. Georg Orwells Utopie einer totalen Überwachung der Gesellschaft ist längst keine Unmöglichkeit mehr, sie ist technisch machbar. Eine Kommission wäre jedoch in der Lage, den Fokus auf Freiheitseinschränkungen zu lenken, die öffentliche Diskussion bereichern und zu einer Versachlichung der oftmals sehr emotional geführten Debatten über neue Befugnisse für den Staat und staatliche Behörden beitragen.

Ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit

Die Koexistenz von Sicherheit und Freiheit muss stärker in den Blick genommen werden. Ansätze dafür liegen bereits auf dem Tisch. Verhängte Maßnahmen sind möglichst knapp zu befristen, um dem Verordnungsgeber eine erneute Bewertung der Erforderlichkeit zeitnah aufzuerlegen. Die flexible Reaktion auf epidemiologische Erkenntnisse ermöglicht der Verwaltung eine Abweichungskompetenz im Einzelfall. Zunächst einmal ist es richtig, dass Grundrechte uns nicht nur vor staatlichen Eingriffen schützen, sondern den Staat auch zum Schutz unserer Rechte verpflichten. Das wird am deutlichsten in Artikel 1 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes: Alle staatliche Gewalt ist dazu verpflichtet, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Deshalb muss der Staat die Bevölkerung vor dem Coronavirus schützen und kann das Virus nicht einfach über uns hereinbrechen lassen. Allerdings gilt auch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nicht ohne Einschränkung. Das Grundgesetz sieht vor, dass „auf Grund eines Gesetzes“ in das Recht auf Leben eingegriffen werden kann, es steht also unter einfachem Gesetzesvorbehalt (Artikel 2 Absatz 2 Satz 3). Ebenfalls muss es genau wie alle anderen Grundrechte mit kollidierendem Verfassungsrecht - also insbesondere mit anderen Grundrechten - in einen „schonenden Ausgleich“ gebracht werden.

Reflexion ist wichtig

Der durch das Corona-Virus verursachte Ausnahmezustand verlangt nach einer gründlichen Auswertung. Dafür fordern wir jene oben genannte Kommission beim Bundestag. Der Leitgedanke würde sich nicht auf einen Vorwurf stützen, sondern an der Frage orientieren, welche Rückschlüsse für zukünftiges Krisenmanagement zu ziehen sind. Auch das geht nicht ohne die Bevölkerung. Corona wird uns noch eine Weile beschäftigen und eine Auswertung könnte vielleicht erst in einiger Zeit sinnvoll sein. Aber allein sich dies so vorzunehmen, wäre ein Signal der Bundesregierung an die Bürgerinnen und Bürger, sie nicht nur als Risikoträger für Ansteckungen zu betrachten, sondern als mündige Menschen, veranlagt und bereit, sich solidarisch zu zeigen. 

Grenzen des Dialogs

Wir müssen zeigen, dass in der pluralistischen Demokratie, Meinungsvielfalt wichtig ist, um die offene Gesellschaft zu gewährleisten. Wir sind überzeugt, dass die Mehrheit der Menschen grundsätzlich vernünftig und rücksichtsvoll sind. Darüber hinaus ist es auch Aufgabe der Bürgerinnen und Bürger, die öffentliche Diskussion zu führen, zu hinterfragen und zum Finden von Lösungen beizutragen.

Dieses Prinzip gilt aber nicht nur für Regierungshandeln, sondern auch für alle anderen „Ideologien“, die verbreitet werden. Darum ist es auch notwendig, gegen Ideologien, die unsere freiheitliche Gesellschaft bedrohen, klar Stellung zu beziehen und nicht nur nach einfachen Lösungen zu suchen. Wir müssen hinterfragen, wer oder welche Absicht hinter den „Ideologien“ steckt. Eine Meinung oder eine Theorie, die sich nicht auf einen Dialog einlässt, stellt sich ins Abseits. Ein sachlicher Diskurs unter Wahrung des Lebens und der Freiheit Aller ist wichtig. Wer Teile der Menschen als Sündenbock hinstellt, vor allem ohne irgendwelche nachprüfbaren Fakten, hat sich disqualifiziert und muss sich nicht wundern, nicht ernst genommen zu werden. Es darf keine grenzenlose Toleranz gegenüber der Intoleranz bestimmter Ideologien geben. Genau wie wir uns für die Einhaltung unserer Bürgerrechte einsetzen müssen, müssen klare Grenzen gegen intolerante und gefährliche Ideologien gezogen werden.

DESHALB FORDERN WIR:

  • Eine unabhängige Kommission zur Wahrung der bürgerlichen Rechte mit Experten aus den Bereichen Justiz, Wissenschaft und Zivil­gesellschaft, analog der Mindestlohnkommission, dem Deutschen Ethikrat oder den „Wirtschaftsweisen.

  • Den gesetzlichen Rahmen zu schaffen bzw. zu verbessern, um die Hetze, Hass und Gewaltverherrlichung im Internet konsequent zu verfolgen und zu bestrafen. Gleiches gilt auch für entsprechende Äußerungen in der Öffentlichkeit. Die Plattformen im Netz zu verpflichten, Quellenangaben zu veröffentlichen und besonders herauszuheben, um die Seriosität der Information prüfen zu können. Bei offensichtlichen Falschmeldungen sind diese zu kennzeichnen. Für Verstöße gegen diese Kennzeichnungs­pflicht haftet der Betreiber der Plattform oder der entsprechenden Internetseite. 

  • Besondere Förderung von Bildungsangeboten zu den Bereichen Freiheit und Demokratie. Kontinuierliche Überprüfung der geförderten Angebote anhand eines klaren Kriterienkataloges. Darüber hinaus soll es ent­sprechende Angebote in allen Schularten geben. In der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung muss die „Menschenrechts- und Demokratieausbildung“ zukünftig einen höheren Stellenwert bekommen.

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