KAB Bamberg

Pflegenotstand bekämpfen – durch Bonussysteme und alternative Arbeitszeitmodelle?

Dieser Frage ging die KAB Aktivistengruppe „Gesundheit“ im Gespräch mit der Caritas Kronach nach.

Pflegenotstand – dieses Thema treibt die Aktivistengruppe „Gesundheit“ seit ihrer Gründung im Oktober 2022 um. Konkret bezeichnet der Begriff den akuten Personalmangel in Pflegeeinrichtungen. Damit einher gehen unzählige Überstunden der vorhandenen Mitarbeitenden, aber auch Krankheitstage, Unzufriedenheit der zu Pflegenden und deren Angehörigen. „Wir, als Aktivistengruppe, haben uns gefragt: Was können wir aktiv zur Lösung dieses Problems beitragen?“ erklärt Luise Müller, KAB Pflegeberaterin und Moderatorin der Gruppe. „So entstand innerhalb unserer Gruppe die Idee, mit Pflegeträgern ins Gespräch zu kommen und im Nachgang positive Beispiele zu veröffentlichen, in der Hoffnung, dass diese Nachahmer finden und weitere Lösungsideen anstoßen.“

Ein in dieser Hinsicht vielversprechendes Modell hat der Caritasverband Kronach im Februar 2023 mit einem Bonus- und Belohnungssystem für das Personal eingeführt. Marco Fischer, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung Caritas Kronach, stand der Aktivistengruppen „Gesundheit“ zum Hintergrund der Initiative und den bisherigen Erfahrungen Rede und Antwort.

Warum wurde das Belohnungssystem bei der Caritas Kronach eingeführt?

„Die Ereignisse der letzten Jahre, nicht zuletzt die Pandemie, haben vieles verändert, die Geschehnisse haben etwas mit den Menschen gemacht“, beschreibt Fischer die Ausgangslage der Aktion. „Im Pflegebereich schlug der Personalmangel extrem durch, es kam zu Kündigungen, insgesamt zu einer hohen Fluktuation im Personalstamm und zu körperlichen wie psychischen Einbußen. Die Mitarbeitenden mussten häufig und kurzfristig für Ausfälle einspringen. Ihre Flexibilität, Ihren Einsatz und Ihre Motivation wollte die Caritas Kronach als Arbeitgeber unbedingt honorieren“, macht Fischer klar, „denn: Vom Klatschen auf den Balkonen, kann sich die Pflege nichts kaufen.“ Daraufhin schloss der Wohlfahrtsverband sich an das System der „FrankenwaldCard“ an, ein Gutscheinverbund, einlösbar bei über 120 Einzelhändlern im Landkreis Kronach, auch Tankstellen sind dabei.

Konkret funktioniert das Belohnungssystem so: „Wenn jemand einspringt, erhält er neben den Mehrstunden für die ersten drei zusätzlich übernommenen Diensteinsätze im Monat jeweils fünf Euro, ab dem vierten Mal zehn Euro auf die Gutscheinkarte gebucht. Die Abwicklung und Verbuchung erfolgt anonymisiert durch unsere Personalstelle“, beschreibt Fischer die neue Maßnahme. 

Hat sich durch die Einführung des Belohnungssystems etwas verändert?

Die bisherigen Rückmeldungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien, laut Fischer, positiv. „Dass es sich dabei nicht um hohe Beträge handelt, ist uns bewusst. Es ist vielmehr ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung den Mitarbeitenden gegenüber, die dankenswerterweise dazu beitragen, dass die Pflege der Patientinnen und Patienten sichergestellt ist. Ohne sie sähe die Versorgungslage vor Ort deutlich anders und schlechter aus.“

Flexible Arbeitszeitmodelle sind gefragt

Um den Mitarbeitenden die Einsätze so einfach wie möglich zu machen, hat die Caritas Kronach auch alternative Schichtformen eingeführt: „Wir haben seit einiger Zeit so genannte ‚Mütterschichten‘, bei diesen decken sich die Arbeitszeiten mit den Kinderbetreuungszeiten – damit wollen wir vor allem für Mütter die Vereinbarkeit von Familie von Beruf erleichtern“, führt Marco Fischer aus. Die Vereinbarkeit von Freizeit und Beruf ist besonders der jüngeren Generation zunehmend wichtig. „Daher arbeiten wir derzeit auch verstärkt mit Teilzeitstellen.“

Fazit

„Der Pflegenotstand muss mit vereinten Kräften abgewendet werden. Umso wichtiger ist es, gute Ideen und erfolgreiche Maßnahmen untereinander auszutauschen“, resümiert Luise Müller am Ende des Gesprächs. „Wir wünschen dem Caritasverband für den Landkreis Kronach e.V. zum Wohl der Beschäftigten und der zu Pflegenden, gute Akzeptanz des Belohnungssystems und der alternativen Arbeitszeitmodelle.“